{{wiki:logo.png}} ---- //Projektbericht des Vertiefungsprojektes in dem Studiengang Ökologie und Umweltplanung (WS16/17 - SS17)// ----

Stadtbäume und Stadtklima – Wasserhaushalt von Bäumen

1. Einleitung

Die Ökosystemdienstleistungen, d.h. der Nutzen, den Menschen von Stadtbäumen erhalten, sind vielseitig und bedeutend. Bäume haben eine hohe ästhetische Wirkung, sie prägen die Umwelt und verleihen einer Stadt einen bestimmten Charakter. Nicht nur wegen ihres anmutigen Äußeren verbessern Bäume die Lebensqualität von Menschen – hier haben sie eine hohe psychologische Bedeutung – sie filtern und kühlen außerdem die Luft, bieten Schatten und Windschutz und tragen so zu der Verbesserung des Stadtklimas bei. Verschiedene Baumarten haben verschiedene Umweltansprüche und daher unterschiedliche Optima. Die Wuchs- und Lebensbedingungen in der Stadt sind für Bäume eher ungünstig, da der Boden oft verdichtet und nährstoffarm, die Luft schadstoffbelastet und Wasser nicht optimal verfügbar ist. Die Fähigkeit Wasser zu speichern und effektiv mit Wasser zu wirtschaften, gehört ebenfalls zu den vielen nützlichen Eigenschaften der grünen Genies. Sie sind wichtige Akteure in unseren städtischen Ökosystemen und für den Menschen unabdingbar (Kuttler 2013). Doch was genau bedeutet das konkret und welche Bedeutung haben Bäume für die klimatischen Ereignisse in der Stadt? Im folgenden Text wird untersucht, welchen Einfluss der Wasserhaushalt von Bäumen, insbesondere die Transpiration, auf das Stadtklima hat.

2. Einfluss von Bäumen auf den Wasserhaushalt

Trifft Niederschlag auf Vegetation, kann dieser dort bis zu der Verdunstung gehalten werden. Dieser Vorgang der Interzeption ist abhängig von Baumart, Baumalter und Blattflächenindex (BFI). Der BFI gibt die Belaubungsdichte an. Er berechnet sich aus der Blattfläche des Bestandes (in m2) durch die Grundfläche des Bestandes (in m2) und ist einheitslos (Kuttler 2013). Bei der Wasseraufnahme durch die Wurzeln sind zwei Vorgänge von großer Bedeutung: Osmose und Diffusion. Die Diffusion bewirkt die selbstständige Durchmischung durch Teilchenbewegung und die Osmose ist die Bewegung des Wassers nach Konzentrationsgradienten (Stick 2006). Durch Diffusion und Osmose gelangt das Wasser aus dem Boden in die Wurzel und wird durch das Xylem, dem Leitgewebe des Baumes, bis zu den Blättern transportiert. An den Blättern angelangt, transpiriert das Wasser als Wasserdampf aus den Stomata, den Spaltöffnungen auf der Blattunterseite. Diese sind verantwortlich für den Gasaustausch. Bei der stomatären Transpiration geschieht die Steuerung durch die Veränderung der Spaltenweite. Diese ist abhängig von den äußeren Faktoren, wie z.B. Lufttemperatur und Wasserversorgung, sowie Licht. Regulierender Mechanismus der Spaltöffnungsbewegung ist die Turgorveränderung, was einen erhöhten oder verringerten Zelldruck bedeutet. Neben der Transpiration sind Stomata für die Steuerung der CO2 Versorgung zuständig, welches für die Photosynthese notwendig ist (Kull 2000). Die Fließbewegung des Wassers entsteht durch die Saugwirkung der Transpiration und durch Kohäsionskräfte, die zwischen den Wassermolekülen, sowie Adhäsionskräfte, die zwischen Wasser und Gefäßwand wirken. Dies ist ein passiver Prozess (Nultsch 2012). Wasserabgabe kann jedoch auch durch Guttation erfolgen. Ist die Luft wassergesättigt, dann ist Transpiration nicht möglich, damit jedoch der Wasserfluss in der Pflanze aufrecht erhalten bleibt, wird Feuchtigkeit nicht in Form von Wasserdampf, sondern als flüssige Wassertropfen abgegeben. Bis in gewaltige Höhen kann Wasser, entgegen der Schwerkraft, in die Blätter der mächtigsten Bäume befördert werden. Einer dieser Bäume ist der Riesenmammutbaum (Sequoiadendrongiganteum), der eine Höhen von bis zu 110 m erreichen kann, dessen Blätter ebenfalls durch die wirkenden Kohäsions- und Adhäsionskräfte und den starken Transpirationssog mit ausreichend Wasser versorgt werden (Kull 2000). Die Länge und Weite der Wurzeln sind abhängig von der Baumart, Baumalter und den Standortfaktoren. Das Wurzelwachstum und die Wasseraufnahme der Stadtbäume werden allerdings durch die ungünstigen Bedingungen der Stadt stark erschwert (Spektrum 1999).

3. Einfluss von Stadtbäumen auf das Klima

Im Jahr 2012/2013 wurde in der zweitgrößten Stadt Schwedens, in Gothenburg, eine Studie durchgeführt, die den Beitrag von Stadtbäumen zu der Luftabkühlung im Sommer untersuchte (Konarska & Uddling et al. 2015). Mit einem „LI-6400XT Portable Photosynthesis System“ wurden die Transpirationswerte unterschiedlicher Bäume zur Mittagszeit und ein bis vier Stunden nach Sonnenuntergang gemessen, tagsüber von jeweils vier Blättern aus 2 m Höhe: zwei besonnten und zwei beschatteten Blättern. Das Verhältnis der Sonnen- und Schattenblätter wurde berechnet, welches bei einem großen Baum mit hohem BFI 5:1 beträgt. Des Weiteren wurde der BFI mit einem „LAI-2200 Plant Canopy Analyzer“ ermittelt. Unter Berücksichtigung des Sonnen-, Schattenblätterverhältnisses wird die Gesamttranspiration EG errechnet:

EG = ELSonne x BFI Sonne + ELSchatten x BFI Schatten (1)

Wird die Gesamttranspiration mit der latenten Verdampfungswärme multipliziert, ergibt sich der Energieverlust pro Flächeneinheit durch Transpiration. Die Wetterbedingungen werden ebenfalls gemessen, sodass Werte zu Lufttemperatur, Luftfeuchte, Solarstrahlung und Bewölkung vorhanden sind. Bei einer durchschnittlichen eintreffenden Solarstrahlung von 682 Wm2 zur Mittagszeit verliert ein Baum durchschnittlich 206 Wm2 und nachts 24 Wm2 durch die Transpiration. Das bedeutet, dass tagsüber etwa ein Drittel der eintreffenden solaren Strahlung von dem Baum in Transpirationsenergie umgewandelt wird, also zur Abkühlung der Luft beiträgt. Bei der Gegenüberstellung der unterschiedlichen Baumarten fällt die Variation der Transpirationsrate auf. Schaut man sich die Energieverluste durch Transpiration am Tage an, ist der höchste bei der Stieleiche (Quercus robur) zu erkennen. Diese Baumart kann 90 % der Solarenergie in Transpirationsenergie umwandeln. Bei der Holländischen Linde (Tilia europaea) sind es nur 9-10 %. Diese Unterschiede sind in Hinblick auf den Klimawandel und dem Phänomen der städtischen Wärmeinsel besonders interessant, da die Wahl der Baumpflanzungen, in Hinsicht auf ihre Transpirationsleistung und dem Vermögen die Luft zu kühlen, immer bedeutender werden.

Eine deutsche Studie, die sich mit der Transpirationskühlung der Winterlinde (Tilia cordata) auf unterschiedlichen Standorten befasste, führte im besonders heißen und trockenen Sommer 2015 Messungen mit Hilfe der „sapflow“ Methode durch. Die Winterlinde ist ein weit verbreiteter Stadtbaum und wurde in dieser Studie im Stadtzentrum Münchens in zwei unterschiedlichen Straßenschluchten untersucht. Ein Baum stand auf einer offenen Grünfläche, in der zweiten Straßenschlucht stand die Linde auf einer runden gepflasterten Fläche. Die Witterungsbedingungen vor Ort wurden gemessen und signifikante Unterschiede der Lokationen festgestellt. Die Windgeschwindigkeit und das Wassersättigungsdefizit auf dem ersten Standort war erheblich höher, die Bodentemperatur jedoch geringer als auf dem zweiten Standort. Die Winterlinde auf der Grünfläche erbrachte eine höhere Abkühlung mit 2.3 kW oder 82 Wm2, die Linde auf dem gepflasterten Ort eine Abkühlung von 1.9 kW (Rahmen & Moser et al. 2016).

Im Stadtzentrum in einer Straßenschlucht kann eine Winterlinde eine Abkühlungsleistung von 2.3 kW erbringen, zum Vergleich: eine Klimaanlage, die einen max. 25 m2 großen Raum belüften kann, hat eine Kühlleistung von 2.5 kW und einen Stromverbrauch von 440 kWh (Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz 2013).

4. Fazit

Durch die beiden vorgestellten Studien lässt sich schlussfolgern, dass nicht nur die Baumart, sondern auch die Standortbedingungen einen wesentlichen Einfluss auf die Abkühlungsleistung haben. Der Einfluss von Straßenbäumen auf das Klima in der Stadt durch die Transpiration ist für den Menschen eine wichtige Ökosystemleistung. Bäume prägen Städte nicht nur durch ihr Erscheinungsbild, sondern tragen einen beträchtlichen Teil zur Luftabkühlung bei; Schattenwurf und Windschutz, sowie Interzeption sind hier außen vorgelassen. Bäume nehmen etwa ein Drittel der auftreffenden Solarstrahlung auf und geben diese Energie in Form von Transpiration wieder ab. Unterschiede zwischen den Baumarten sind erheblich und fordern genauere Untersuchungen, da mit Hilfe dieses Wissens Adaptationsmaßnahmen an den Klimawandel möglich sind. Die vermehrte Pflanzung von Bäumen mit einer besonders starken Abkühlungsleistung und einer guten Hitzeresistenz, könnte in der Zukunft das Stadtbild und Humanbioklima positiv beeinflussen (Kuttler 2013). Bäume beziehen Solarenergie und beeindrucken mit ihrem Talent mit Wasser zu haushalten. Dies hat für den Menschen den angenehmen Nebeneffekt der Luftabkühlung.

5. Quellenverzeichnis

Konarska, Uddling, 2016: Transpiration of urban trees and its cooling effect in a high latitude city. Int J Biometereol.

Kull, Ulrich, 2005: Grundriss der Allgemeinen Botanik. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung: Stuttgart.

Kuttler, 2013: Klimatologie. Verlag Ferdinand Schöningh: Paderborn.

Nultsch, Wilhelm, 2012: Allgemeine Botanik. Georg Thieme Verlag: Stuttgart.

Rahman, Moser, 2017: Microclimatic differences and their influence on transpirational cooling of Tiliacordata in two contrasting street canyons in Munich Germany. Elsevier: Agricultural and Forest Meteorology 232.

Spektrum, 1999: Wurzel. URL: http://www.spektrum.de/lexikon/biologie/wurzel/71084 (Abruf 18.07.2017)

Stick, 2006: Osmose. URL: http://www.uni-kiel.de/med-klimatologie/pdftexte/osmose.pdf (Abruf 20.02.2017)

Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz E.V., 2013: Energieverbrauch von Raumklimageräten. URL: https://www.verbraucherzentrale-rlp.de/mediabig/217127A.pdf (Abruf 23.02.2017)



Autorin: Tara Wöhrle-Chon
Datum: 04.08.2017


Navigation

[[Einleitung]] \\ ---- **Hintergrund** \\ [[Themenbezogene Hintergrundrecherche]] \\ [[Paperclub]] ---- **Exkursionen** \\ [[Mikroklimatische Messungen]] \\ [[Wettermuseum Lindenberg]] \\ [[Hamburg]] \\ ---- **Ergebnisse** \\ [[Citizen Weather Station]] \\ [[Grün-Stadt[t]-Klima-Anlagen]] \\ [[Urban Classes]] ---- [[Glossar]] \\ [[Impressum]] \\ ----

QR Code
QR Code wiki:stadtbaeume_und_stadtklima_wasserhaushalt_von_baeumen (generated for current page)