{{wiki:logo.png}} ---- //Projektbericht des Vertiefungsprojektes in dem Studiengang Ökologie und Umweltplanung (WS16/17 - SS17)// ----

Einordnung des Themas Stadtklima in einen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Kontext

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Stadtklimaeffekte nach Jendritzky 1991

1. Einleitung

In der heutigen Klimaforschung und im Kontext der Urbanisierung gewinnt das Thema Stadtklima immer mehr an Relevanz. Um die Bedeutung dieses vielseitigen Forschungsgebietes zur Geltung zu bringen, soll der Begriff Stadtklima klar definiert werden.

Hauptziel dieser Arbeit ist, eine Definition des Begriffes zu geben. Weiter soll ein Überblick über das Thema Stadtklima gegeben werden und dessen Bedeutung für den Menschen erläutert werden. Zum Schluss werden Maßnahmen zur Verminderung der negativen Effekte auf die Stadtklimatologie erwähnt.

Das Stadtklima spielt heutzutage eine große Rolle, nicht nur in den Planungsprozessen in der Stadt, sondern es stellt auch eine spannende Forschungsrichtung in der Klimatologie dar. Als Hauptdefinition des Klimabegriffs wird häufig die Definition der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) aus dem Jahr 1969 benutzt: „Das Klima ist der langfristige Aspekt des Wetters. Die Elemente des Klimas sind die gleichen wie beim Wetter (Luftdruck, Lufttemperatur, Wind, Bewölkung, Niederschlag, Strahlung und ihr Zusammenwirken). Die Periode, die zur Charakterisierung des meteorologischen Regimes verwendet wird, sollte ausreichend lang sein (minimal 30 Jahre), um statistisch gesicherte Angaben der verschiedenen Parameter (Mittelwerte, Häufigkeiten, Extreme usw.) zu geben“ (WMO 1969).

Aufbauend auf diese Definition wurde 1983 von der WMO folgende Definition des Stadtklimas veröffentlicht.: „Das Stadtklima ist das durch die Wechselwirkungen mit der Bebauung und deren Auswirkungen (einschließlich Abwärme und Emission von luftverunreinigenden Stoffen) modifiziertes Klima “ (WMO 1983 zit. in Helbig et al. 1999, 9f.). Hauptsächlich beschäftigt sich die Stadtklimaforschung mit den „stofflichen und energetischen Wechselwirkungen zwischen der Atmosphäre und dem urbanen Lebensraum“ (Hupfer & Kuttler 2006, 371).

1.1 Stadtklimaeffekte


Der am stärksten ausgeprägte Stadtklimaeffekt ist die Temperaturerhöhung. Diese äußert sich in einer signifikanten Zunahme der Oberflächen- und Lufttemperaturen in der Stadt im Vergleich zum Umland, auch als „städtische Wärmeinsel“ bekannt (Schönwiese 2013, 344). Die Ursachen für dieses Phänomen wurden zum ersten Mal im Jahr 1833 von Luke Howard in seiner Publikation “The Climate of London“ erwähnt. Er hat für den damaligen stadtklimatischen Kenntnisstand sehr genaue Unterschiede zwischen London und seiner Umgebung festgestellt. Nach Howard werden als Ursachen für die städtische Wärmeinsel vier Aspekte aufgeführt: die anthropogenen Wärmequellen, welche zur atmosphärischen Erwärmung führen; die Geometrie der Stadt, welche die Strahlung absorbiert; die Wirkung der städtischen Rauigkeit, die die Sonnenscheindauer und Windgeschwindigkeit beeinflusst und die Verdunstung minimiert (Mills 2008). Die „städtische Wärmeinsel“ ist meistens in windstillen und nicht bewölkten Nächten besonders stark ausgeprägt. Die Temperaturunterschiede zwischen Land und Stadt sind besonders gut im Winter zu beobachten (Schönwiese 2013, 344; Mills 2008). Es kann festgestellt werden, dass die Temperatur proportional mit der Stadtgröße zunimmt (Schönwiese 2013, 344).

Weitere nachweisbare Auswirkungen des städtischen Klimas sind: die starke Luftverschmutzung, die mit dem Phänomen Smog verbunden ist, die Erhöhung der Bewölkung (Wolkentage und Bedeckungsgrad) und die Verringerung der Sonnenscheindauer (Schönwiese 2013, 344).

Tabelle 1 (nach Jendritzky 1991) gibt ausführliche Information über die am häufigsten auftretenden Stadtklimaeffekte. Jeder Stadtklimaeffekt wird mit „plus“ gekennzeichnet, wenn er im Vergleich zu seiner Umgebung stärker ausgeprägt ist und mit „minus“, wenn er kleiner ist.

KLIMAPARAMETERUNTERSCHIED ZUR UMGEBUNG
LUFTHYGIENE
Kondensationskerne+
Gasförmige Beimengungen+
Allergene+
STRAHLUNG
Globalstrahlung-
UV-Strahlung, Winter-
UV-Strahlung, Sommer-
Sonnenscheindauer-
Bedeckungsgrad+
NIEDERSCHLAG
Niederschlagssumme+
Schneefall, Stadtkern-
Schneefall, Lee+
Gewitter+
THERMISCHER WIRKUNGSKOMPLEX
Lufttemperatur, Jahresmittel+
Mittleres Minimum, Winter+
Mittlere Strahlungstemperatur+
Heizgradtage-
Relative Luftfeuchte, Winter-
Relative Luftfeuchte, Sommer-
Mittlere Windgeschwindigkeit-
Böigkeit+
Windstille+
KLIMAVIELFALT/HETEROGENITÄT+

TABELLE 1 Stadtklimaeffekte nach Jendritzky 1991

1.2 Geschichtlicher Aspekt


Die Wurzeln der Stadtklimatologie liegen in der Antike. Die ersten Hinweise auf die Anerkennung des Stadtklimas als eigenständiges Gebiet der Klimatologie finden sich schon bei den Griechen und Römern - Vitruvius (75. v. Chr.-26.v.Chr.; „Stadtplanung und Klimabedingungen“) und Horaz (ca. 24 v.Chr.; „Luftverschmutzung in Rom“) (Hupfer & Kuttler 2006, 371f.).

Die ersten systematischen Untersuchungen über die klimatischen Verhältnisse von der Stadt und ihrer Umgebung wurden von dem englischen Chemiker und Apotheker L. Howard (1772-1864) durchgeführt, der auch als der Entdecker der städtischen Wärmeinsel gilt (Hupfer & Kuttler 2006, 371f.). Er hat genaue klimatische Unterschiede zwischen London und seiner Umgebung in ihrer räumlichen und zeitlichen Abhängigkeit festgestellt und die Ergebnisse in einem dreibändigen Werk publiziert (ebd.).

Mit den immer ausführlicher werdenden Informationsmaterialien wurde die erste deutsche Dissertation darüber - „Das Stadtklima“, im Jahr 1937 verwirklicht. Diese wurde von dem deutschen Benedikter Albert Kratzer geschrieben und versucht einen äußerst umfassenden Überblick über diese Forschungsdisziplin zu geben (zweite Auflage 1956) (Hupfer & Kuttler 2006, 371f.). Die Dissertation hat zur Etablierung der Stadtklimatologie als Wissenschaft in Deutschland geführt.

Heute steht vor allem die Einbeziehung der stadtklimatischen Untersuchungen in die Stadtplanung im Vordergrund der Stadtklimaforschung. Problematisch dabei ist die Heterogenität der städtischen Wärmeinseln, die bei der Erarbeitung von Strategien zur Reduktion der negativen stadtklimatischen Auswirkungen beachtet werden sollte (vgl. Kapitel 1.3). Eine Lösung dieses Problems bietet die deutschlandweit eingeführte Fördermaßnahme „Stadtklima im Wandel”. Sie umfasst die Entwicklung eines neuen und innovativen Stadtklimamodells, mit dessen Hilfe fachübergreifende Analysen durchgeführt werden können. Das Hauptziel dabei ist, das Modell als Planungstool bei der Erarbeitung von adaptiven Klimamaßnahmen für die Projektierung von Siedlungsräumen zu nutzen (beispielsweise zur Sicherung und Verbesserung des Stadtklimas oder der Luftreinhaltung) (BMBF 2015, [UC]² 2017, Hardick 2017).

1.3 Stadt als Lebensraum für immer mehr Menschen und die Wirkung der Stadtklimaeffekte auf die Menschen


Die Urbanisierung hat eine zentrale Bedeutung für die Veränderung der Erdoberfläche und die Struktur der Atmosphäre. Weltweit ist ein progressives Wachstum der städtischen Bevölkerung und ein Zuwachs der Industrie zu beobachten (Schönwiese 2013, 341; Helbig et al. 1999, 2). Nach Schönwiese (2013, 342) hat sich der Anteil der Stadtbewohner_innen im Zeitraum 1950-2000 fast verdoppelt. Laut Hupfer & Kuttler (2006, 371) ist zu erwarten, dass im Laufe des 21. Jahrhunderts mehr als 70 % der Weltbevölkerung in Städten leben werden. Aufgrund der voraussichtlichen Verteilung der Bevölkerung, nämlich in 27 Megastädten mit jeweils mehr als 10 Mio. Einwohnern_innen, ist davon auszugehen, dass sich der Anstieg der Bevölkerung negativ auf die stadtklimatische Situation auswirken wird.

Die oben genannten Stadtklimaeffekte (vgl. Kapitel 1.1.) haben zudem eine große Bedeutung für die Gesundheit der Menschen, indem sie eine erhöhte thermische und gesundheitliche Belastung des menschlichen Körpers verursachen.

Die städtische Wärmeinsel (vgl. Kapitel 1.1.) ist der deutlichste Stadtklimaeffekt mit den höchsten negativen Auswirkungen. Deren Effekte vor allem in der Erhöhung der Temperatur zu erkennen sind, welche einen negativen Einfluss auf das Wohlbefinden der Stadtbewohner_innen haben können (Hupfer & Kuttler 2006, 399).

Die wichtigsten Maßnahmen für eine Reduzierung der Stadtklimaeffekte können nach Hupfer & Kuttler (2006, 422) in drei Gruppen eingestuft werden. Deren Hauptziel ist das menschliche Umfeld in den Städten zu verbessern, die Schadstoff- und Temperaturbelastungen zu minimieren und den Klimaschutz zu verbessern.

Die erste Gruppe von Maßnahmen, die von Hupfer & Kuttler (2006, 422) vorgeschlagen wird, sind die verkehrsorientierten Klimaschutzmaßnahmen, deren Ziel die Kfz-Emissionen Minimierung ist. Als Beispiel für solche Maßnahmen werden der verstärkte Einsatz emissionsarmer Fahrzeuge (Hybride), die Vermeidung unnötiger Individualfahrten und ein optimales Verkehrsmanagement vorgeschlagen, d. h. ein Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs.

Die zweite Gruppe von Maßnahmen sind die objektorientierten Maßnahmen, die sowohl Klimaschutz-, als auch Klimaanpassungsmaßnahmen abdecken. Darunter wird das klimagerechte Bauen verstanden, das als Ziel die Minderung des fossilen Energieverbrauchs für den Gebäudebetrieb (z. B. Heizen, Kühlen) hat. Eine Maßnahme in dieser Gruppe ist eine optimale Standortauswahl vor der Errichtung von Neubaugebieten mit entsprechender Gebäudekonzentration, -ausrichtung, -form, -anordnung und Wärmedämmung (Hupfer & Kuttler 2006, 422). Als andere mögliche Maßnahme wird die Vermeidung des anthropogenen fossilen Energieverbrauchs für den Gebäudebetrieb in den Städten durch eine bessere Nutzung der Raumwärme vorgeschlagen. Um den Energieverbrauch zu verringern ist auf einen energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden zu achten. Dies kann durch bessere Isolierung erreicht werden, damit die Wärmestrahlung eines Gebäudes kleiner wird (ebd., 429).

Die letzte Gruppe ist die der flächenorientierten Klimaanpassungsmaßnahmen. Als Beispiele dafür sind der Erhalt oder die Errichtung klimarelevanter naturbelassener Freiflächen zu nennen. Eine Erhöhung des Anteils an Grünflächen in den Städten reduziert die Oberflächen- und Lufttemperaturen, was nicht nur den thermischen Komfort verbessert, sondern auch zu Energieeinsparungen durch Beschattung und Verdunstung führt (Hupfer & Kuttler 2006, 371, 432). Hierzu wirkt sich die Begrünung von Hausfassaden und Dächer bei bestehenden Objekten auch positiv auf die Umwelt aus (z. B. eine Verbesserung der Luftqualität durch Ab- und Adsorption von Luftschadstoffen) (ebd., 426). Als wichtig für diese Maßnahme wurde beschrieben, dass nur solche Pflanzen verwendet werden können, die zu den sogenannten emissionsarmen Arten zählen (ebd., 432).

2. Schlussfolgerung

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die wachsende Einwohnerzahl der Städte neue Herausforderungen mit sich bringt. Eine Anpassung der Städte an den Klimawandel bietet die Chance die negativen Effekte der Wärmeinsel zu verringern und die Bewohner vor den negativen Auswirkungen zu schützen. Aus diesem Grund wird zukünftig das Thema des Stadtklimas immer mehr an Bedeutung gewinnen.

3. Quellenverzeichnis

Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2017: Fördermaßnahmen Stadtklima im Wandel: Urban Climate under Change. Hintergrund. URL: http://www.uc2-program.org/index.php?page=hintergrund&lan=de (Abruf 12.07.2017)

Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2015: Bekanntmachung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung von Richtlinien zur Fördermaßnahme “Stadtklima im Wandel”. URL: https://www.bmbf.de/foerderungen/bekanntmachung-1021.html (Abruf 10.01.1017)

Hardick S., 2017: Es liegt was in der Luft. online unter: http://www.universities-berlin.de/impressions/170613-climate/index.html (Abruf 12.07.2017)

Helbig, A., Baumüller, J., Kerschgens, M.J., 1999: Stadtklima und Luftreinhaltung : mit 79 Tabellen. vollst. überarb. und erg. Aufl. 2., Springer: Berlin [u.a.] , 467 S.

Hupfer, P., Kuttler W., (Hrsg.) 2006: Witterung und Klima. Eine Einführung in die Meteorologie und Klimatologie. 12., überarbeitete Auflage, Teubner: Stuttgart, Leipzig, 554 S.

Jendritzky, G., 1991: Zur räumlichen Darstellung der thermischen Umgebungsbedingungen des Menschen in der Stadt. In: Endlicher, W.; Goßmann, H. (Hrsg.): Beiträge zur regionalen und angewandten Klimatologie, Freiburger Geographische Hefte 32: Freiburg, S. 1 – 18.

Mills G., 2008: Luke Howard and the climate of London. In: Weather, 63 (6): 153–157.

Schönwiese C., 2013:
Klimatologie : 31 Tabellen im Text und umfangreicher Tabellenanhang. überarb. und aktualisierte Aufl. 4., Ulmer: Stuttgart , 489 S.

World Meterological Organization (WMO), 1969:
Guide to Climatological Practices. URL: http://www.wmo.int/pages/prog/wcp/ccl/guide/guide_climat_practices.php (Abruf 9.07.2017)



Autorin: Simona Zamfirova
Datum: 04.08.2017


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