{{wiki:logo.png}} ---- //Projektbericht des Vertiefungsprojektes in dem Studiengang Ökologie und Umweltplanung (WS16/17 - SS17)// ----

Hot Spots vs. Cool Spots in a Heat Wave - Analyse der räumlichen Heterogenität der städtischen Wärmeinsel während eines ausgewählten Hitzewellenereignisses in Berlin

Katja Michel*, Simona Zamfirova*, Tara Wöhrle-Chon*, Bastian Gottwald*, Camila Rueda*

*Technische Universität Berlin, B.Sc. Ökologie und Umweltplanung, 2017

Abstract

Berlin ist eine Stadt mit einer vielseitigen Bau- und Freiraumstruktur. Durch den Prozess der Urbanisierung steigen der Versiegelungsgrad und die Bebauungsdichte. Diese beiden Faktoren stehen in Korrelation mit dem Phänomen der städtischen Wärmeinsel, bei der es zu einer Überwärmung in städtischen Gebieten kommt. Die Veränderung des Klimas und das daraus folgende verstärkte Vorkommen extremer Wetterereignisse ist in Großstädten ein aktuelles Thema. Zusätzlich zu Temperaturerhöhung und Hitzewellenereignissen durch den Klimawandel, trägt das eigene Stadtklima mit dem Wärmeinseleffekt zu der Hitzebelastung der Menschen bei. In dieser Untersuchung wird ein Hitzewellenereignis aus dem Jahr 2016 genauer analysiert und der Effekt der städtischen Wärmeinsel dargestellt. Durch die Diversität an Bebauungsstruktur sind die Lufttemperaturen, d. h. die Intensität der städtischen Wärmeinsel, heterogen. Diese Heterogenität kann anhand der räumlichen Verteilung unterschiedlich temperierter Gebiete charakterisiert werden.

1. Einleitung

Als eine der Metropolregionen Europas befindet sich Berlin stetig im Wandel. Mit seinem hohen Anteil an Grünflächen bietet die Hauptstadt Entspannung und gilt als grünste Stadt Europas. Sie ist ein internationaler Treffpunkt für Menschen aus aller Welt (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2017). Die Folge des städtischen Wachstums in Ballungsgebieten, wie Berlin, ist die Entstehung eines eigenen Klimas. Bereits 1820 verwies der Stadtklimatologe Luke Howard auf das bereits bekannte Phänomen der städtischen Wärmeinsel (UHI; engl. Urban Heat Island) (Mills 2008: 154), welches den Temperaturunterschied von Städten zum Umland erklärte, mit der Begründung, dass in Städten aufgrund von Bebauungsdichte und Versiegelung eine größere Wärmespeicherung stattfindet als in ruralen Gegenden (Mills 2008: 156). Im klassischen Sinne wird die UHI nach folgender Formel definiert zwischen Stadt (T(Urban)) und dem Umland (T(Rural)) (Formel 1) (Oke 1973).

UHI = T(Urban) - T(Rural) (1)

Zusätzlich wird die städtische Wärmeinsel durch die weniger ausgeprägte Vegetationsstruktur im Vergleich zum Umland begünstigt. Der geringe Anteil an Bäumen, Grünflächen oder Gehölzen in Städten führt zu einem geringeren latenten Wärmestrom und demnach einer minimalen oder nicht vorhandenen Abkühlungsleistung, die durch Evapotranspiration von Pflanzen erfolgt. Des Weiteren wird eine Vielzahl der einfallenden Infrarot- oder Wärmestrahlung der Sonne von Pflanzen reflektiert. Asphalt, Beton, Glas und Stahl hingegen absorbieren die einfallende Strahlung und halten sie somit zurück. Ein weiterer Aspekt ist die geometrische Anordnung von Gebäuden. Eng angelegte Straßen mit hohen Fassaden (engl. Urban Street Canyon) reflektieren die Strahlung und lassen sie auf gegenüberliegende Fassaden treffen, womit sie teilweise absorbiert wird (Mills 2008: 156). Da Versiegelungen in Städten das lokale Klima bestimmen und diese Flächen kein Wasser verdunsten, kommt es besonders in den Sommermonaten nicht zur Abkühlung der Lufttemperaturen in der Nacht. Auch Pflanzen in diesen Bereichen werden aufgrund der versiegelten Böden nicht ausreichend mit Wasser versorgt, was sich nachteilig auf das Pflanzenwachstum auswirkt und den Abkühlungsprozess mindert (Umweltbundesamt 2013, online).

Einer der Ersten, der sich mit dem Einfluss des Stadtklimas auf das Wohlbefinden der Menschen auseinandersetzte war der griechische Arzt Hippokrates (460-375 v. Chr.) (Fezer 1995: 101). Durch die Entstehung von Großstädten wird die Human-Bioklimatologie zu einem wichtigen Faktor im Bereich des Städtebaus. Diese befasst sich mit den Wirkungen der klimatischen Bedingungen auf die Gesundheit des menschlichen Körpers (Kuttler 2013: 189). Hitzewellen können sich auf die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden auswirken und zusätzlich zu einer Erhöhung der Morbidität und Mortalität führen. Vor allem ältere, isoliert lebende Menschen, chronisch Kranke und Kinder stellen eine Risikogruppe dar (Koppe 2009: 39). Der durch Hitzewellen verursachte Hitzestress entsteht, wenn der Körper seine Körperkerntemperatur von 36,5°C nicht mehr halten kann und diese steigt (Kuttler 2013: 192). Es gibt bisher keine eindeutige Definition für Hitzewellen, da diese in verschiedenen Klimazonen anders spezifiziert werden. Für das gemäßigte Klima in Berlin passt die Definition von Kysely (2004), nach der eine Hitzewelle durch drei aufeinanderfolgende Tage mit Tmax> 30°C gekennzeichnet ist (Hutter et al. 2007). Hitzewellen kommen oftmals mit stabilen Hochdrucksystem vor, d.h. geringe Windgeschwindigkeiten und viel Sonnenschein. Außerdem können diese in Verbindung mit tropischen Nächten auftreten, bei denen die Temperatur nachts nicht unter 20°C sinkt (Graczyk et al. 2017). Im Vergleich zu lokalen Extremereignissen (z.B. Gewitter) sind Hitzewellen über die großräumige Wettervorhersage gut zu berechnen, da sie sich über einen bestimmten Zeitraum entwickeln und verbleiben. Es handelt sich hier um regionale Wetterereignisse (Koppe 2014: 39). Bei feuchten Luftmassen wird die Wärmebelastung zusätzlich verstärkt (Matzarakis 2016: 458).

Das Vorkommen von Ballungsräumen mit vielfältiger Stadtstruktur deutet auf die Entstehung von unterschiedlichen Klimata (Fezer 1995: 41). Diese räumliche Differenzierung der klimatischen Verhältnisse ist Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit und wird mit Rohdatensätzen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und Crowdsourcing der Firma NETATMO am Beispiel Berlin bearbeitet. Anhand einer Hitzewelle aus dem Jahre 2016 in Berlin soll mittels Interpolationsmethode die räumliche Heterogenität anhand der Lufttemperatur nachweislich untersucht werden. „Wärmearchipele“ (Hupfer 1996: 339) innerhalb der Stadt, sogenannte „Hot Spots“ und konträr dazu „Cool Spots“ müssten bei dem Nachweis der Heterogenität lokalisiert werden. Der Effekt der UHI ist nachts stärker ausgeprägt als tagsüber (Schönwiese 2008: 340). Deswegen wird in dieser Arbeit ausschließlich mit Nachtwerten gearbeitet. Zielführung dieser Arbeit ist die Darstellung der klimatischen räumlichen Heterogenität Berlins durch die Lokalisation von Hot und Cool Spots.

2. Methoden

Berlin hat eine Gesamtfläche von 89.096 ha und ist unterteilt in 12 Bezirke (Stand 2010) gemäß der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Senstadt o.J.). Für die Untersuchung der UHI und der Lokalisierung der Hitzewelle aus dem Jahre 2016 sind zwei Punktmessstationen ausgewählt, der Alexanderplatz als urbaner Standort und der Kaniswall als ruraler Standort (vgl. Tab.1), deren Daten durch den DWD bereitgestellt werden. Weiterhin wird mittels der NETATMO-Stationen die räumliche Verteilung unterschiedlich temperierter Gebiete untersucht (vgl. Abb.1).


Abbildung 1: Darstellung Berlin (12 Bezirke) mit den Messstationen Alexanderplatz (T(U)) = Urbaner Standort, Kaniswall (T(R)) = Ruraler Standort, NETATMO-Stationsdichte (eigene Darstellung)

Der DWD ist eine Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und für die meteorologischen Beobachtungen auf nationaler Ebene zuständig. Mit Hilfe eines Messnetzes werden Daten zu Wetter- und Klimabeobachtungen gespeichert und bewertet. Weitere Aufgaben des DWD sind die Veröffentlichung von meteorologischen Warnungen und Vorhersagen, Überprüfung der Radioaktivität in der Atmosphäre und die meteorologische Sicherung der Luft- und Schifffahrt. Auf internationaler Ebene arbeitet der DWD mit Weltorganisationen für Meteorologie, UN- Klimarahmenkonvention und europäischen meteorologischen Einrichtungen zusammen und erfasst das Weltklima (DWD 2017 online).

Die Messstationen des DWD Alexanderplatz und Kaniswall unterscheiden sich bezüglich ihrer Stadt- und Vegetationsstruktur sowie der Entfernung zum Stadtzentrum. Alexanderplatz hat eine zentrale Lage, nur ca. 4 km vom Zentrum entfernt, hohen Versiegelungsgrad von 95,48 % und ein geringes Grünvolumen von 5152,5 m3. Diese Messstation zeigt typische Merkmale für eine urbane Station und wurde aus diesem Grund für diese Ausarbeitung gewählt (Umweltatlas 2017). Im Gegensatz dazu ist der Kaniswall ein typischer Vertreter der ruralen Standorte mit einer Entfernung vom Zentrum von fast 27 km. Bei diesem Standort kann das Gegenteil beobachtet werden - die Versiegelung ist gering, nur 17,33 % und das Grünvolumen ist deutlich hoher - 316.932 m3 (ebd.) (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1: Allgemeine Daten über die DWD Stationen (nach Umweltatlas 2017)


Der erste Bearbeitungsabschnitt konzentriert sich auf die Ermittlung der UHI-Intensität um 3.00 Uhr nachts mittels R-Studio. „R“ ist eine Open Source Software. Mit diesem Programm ist es möglich, Messergebnisse zu analysieren und graphisch darzustellen (R-PROJECT 2017, online). Dafür werden die Daten des DWD vom Alexanderplatz und dem Kaniswall gefiltert, d.h. auf Vollständigkeit geprüft, fehlende Daten durch Fehlwerte ersetzt und eingegrenzt auf den Untersuchungszeitraum des Jahres 2016. Im weiteren Verlauf wird eine Hitzewelle aus dem Jahr 2016 identifiziert. Für die Lokalisierung wird der Zeitraum begrenzt auf die Sommermonate vom 01.Juni – 30.September bei einer Temperatur über 30 °C bei drei aufeinanderfolgenden Tagen nach Definition von Kysely (2004).

Anknüpfende Arbeitsschritte werden der Bearbeitung der Daten der Citizien Weather Station (CWS) der Firma NETATMO zugeschrieben. CWS sind Stationen von BürgerInnen eingerichtet, deren Interesse an klimatologischen Messungen rein privater Natur ist. CWS sind kostengünstige und leicht zu installierende Alternativen, die zur Untersuchung von Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit und Niederschlag gut geeignet sein können (Bell et al. 2015). CWS bieten heutzutage ein umfangreiches räumliches Netzwerk, das für die städtischen Untersuchungen sehr hilfreich sein kann. Bezüglich der Tatsache, dass solche Stationen sich vor allem innerhalb der Stadt befinden (Bell et al. 2015), bieten sie neue Möglichkeiten für die Umweltmonitoringnetze (Meier et al. 2017) und für die Untersuchung der städtischen Wärmeinsel (UHI). Laut Meier et al. (2017) sind die CWS gut geeignet, um die Heterogenität der UHI zu charakterisieren und genauer zu untersuchen. Gemäß Bell et al. (2015) sind solche Stationen auch für Modelle und Wettervorhersagen gut geeignet. Dank der räumlichen und zeitlichen Auflösung der CWS-Daten, können Wetterphänomene identifiziert werden, die durch die spärlichen professionellen Netzwerke nicht so gut identifiziert werden können (Bell et al. 2013).

Für diese Untersuchung wurde mit den CWS-Daten der Firma Netatmo gearbeitet. Netatmo bietet ein Standardpaket an, welches aus zwei Modulen besteht: dem Außen- und Innenmodul. Beiden sind umgeben von einer zylindrischen Aluminiumschale und haben Größen von 45x45x105 mm bzw. 45x45x155 mm. Während das Außenmodul Temperatur und relative Feuchtigkeit misst, erfasst das Innenmodul zusätzlich Daten zu Luftdruck, CO2-Konzentration und Geräuschpegel (Meier et al. 2017). Durch eine Wi-Fi-Verbindung laden diese Geräte ihre Daten automatisch alle fünf Minuten auf den Netatmo-Server hoch. Über eine Anwendungssoftware können Besitzer die Daten einsehen und herunterladen, um die atmosphärischen Bedingungen zu überwachen. Jeder Besitzer dieser Wetterstation kann entscheiden, ob die gemessenen Daten der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Falls sie sich dafür entscheiden, werden diese Daten auf der sogenannten „Netatmo-Weathermap“ (https://weathermap.netatmo.com) angezeigt (Meier et al. 2017).

Im Rahmen der Datenvorverarbeitung wird der CWS- Rohdatensatz mittels R-Studio auf Vollständigkeit geprüft, fehlende Daten durch Fehlwerte ersetzt und der Untersuchungszeitraum eingegrenzt. Obwohl die CWS-Netzwerke (z.B. Netatmo) wegen ihrer hohen räumlichen Auflösung großes Potenzial für die atmosphärische Forschung haben, muss die Tatsache berücksichtigt werden, dass es große Qualitätsunterschiede zwischen den Stationen gibt. Aus diesem Grund ist bei der Nutzung von dem CWS-Netzwerk wichtig, die Gesamtqualität der Daten zu überprüfen, da keine Garantie besteht, dass bei der Verwendung die wissenschaftlichen Anforderungen an die Qualitätssicherung erfüllt sind (Meier et al. 2017).

Die Methode für die beste Sicherung der Datenqualität ist nach Meier et al. (2017) gewählt. Diese Methode umfasst vier verschiedene Qualitätsstufen, die für die Reinigung von rohen Daten benutzt werden können. Die Stufe A ist basierend auf nicht repräsentativen Metadaten, wie zum Beispiel den gleichen Längen- und Breitengrad von zwei oder mehreren Stationen. Die Stufe B verhindert die Nutzung von konstanten Werten von Stationen, die im Innenraum stehen und nicht die atmosphärische Temperatur messen. Qualitätsstufe C beschäftigt sich mit Stationen, welche direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind und somit eine Erhitzung der Anlage verursachen. Folglich führt dies zu anormalen Werten. In Stufe D werden die Daten von neu aufgestellten oder bewegten Stationen bereinigt, da diese nicht stellvertretend sind (ebd.). Für diese Untersuchung wurden 2 von den 4 Qualitätsstufen benutzt: Qualitätsstufe B und C.
Anhand der Interpolationsmethode Inverse Distance Weighting (IDW) werden die räumliche Verteilung der Hot Spots und Cool Spots visualisiert. IDW ist eine Methode, welche annimmt, dass Messungen an nah aneinander liegenden Messpunkte oft ähnlichere Messwerte aufweisen als Messpunkte mit größere Distanzen. Dies würde bedeuten, wenn bspw. zwei Punkte die gleiche Höhe über NN bei geringer Entfernung haben, dann weisen Punkte mit größeren Entfernungen über Kilometer keine vergleichbare Höhe über NN auf (Kappas 2001: 186).
Die Daten des CWS werden für die weitere Analyse von Hot und Cool Spots in Berlin genutzt, um die Lufttemperaturen miteinander zu vergleichen. Für die Lokalisierung von Hot und Cool Spots werden die erfassten Werte der Lufttemperaturen in zwei Gruppen eingeteilt. Die Gruppe der Cool Spots umfasst Lufttemperaturen von 10,3 °C bis 15 °C und die Gruppe der Hot Spots umfasst die Lufttemperaturen von 22 °C bis 26 °C. Durch diese Temperatureingrenzung werden die Stationen herausgefiltert, die den Hot oder Cool Spots zugewiesen werden können.

3. Ergebnisse

Hinsichtlich der Untersuchung werden folgende Ergebnisse präsentiert. Für die Identifizierung der Hitzewelle wird der Tagesgang vom 01.Juni – 30. September dargestellt (Abb. 2). Mithilfe der Grenzlinie bei 30 °C können mehrere Hitzewellen am T(U) klassifiziert werden. In dieser Ausarbeitung wird die Hitzewelle vom 25.-28. August 2016 untersucht nach der Defintion von Kysely (2004) (Tmax > 30°C an drei aufeinanderfolgenden Tagen).


Abbildung 2: Tagesgang der Lufttemperatur in °C vom 01.Juni - 30. September 2016 vom T(U) = Alexanderplatz mit Identifizierung der Hitzewelle durch Grenzlinie bei 30 °C

Zur Darstellung der UHI Intensität während der Hitzewelle im August 2016 ergeben sich Differenzen von mindestens -1,7 °C und höchstens 9,8 °C (Abb. 3). Der Effekt der UHI ist nachts am stärksten ausgeprägt. Dafür wurden Werte aufgezeichnet von 6,2 °C in der ersten Nacht, 2,6 °C in der zweiten Nacht und 8,2 °C in der dritten Nacht. Der Temperaturunterschied der beiden Standorte T(U) und T(R) lässt erkennen, dass die Temperaturen im urbanen Raum höher sind als im Ruralen, was die städtische Wärmeinsel nachweisbar macht.

Abbildung 3: UHI-Intensität = T(U) – T(R) während der Hitzewelle vom 25. – 28. August2016, Mittelwert pro Stunde der Lufttemperatur in °C

Mittels Darstellung der Interpolationsmethode Inverse Distance weighting (IDW) ist ein Temperaturgradient erkennbar (Abb. 4). Weiterhin gut zu erkennen ist, dass es innerhalb der Stadt besonders kühle und warme Flächen gibt. In den verschiedenen Stadtbezirken ist eine Heterogenität der Lufttemperatur deutlich zu erkennen. Die lokalisierten Cool und Hot Spots sind in Abbildung 5 abgebildet. Hier wird eine heterogene Verteilung deutlich. Die Temperaturen der einzelnen Spots in den Bezirken sind in den Tabellen 2 und 3 dargestellt.


Abbildung 4: Darstellung Berlins (12 Bezirke) und Umland während der Hitzewelle nachts vom 25.-28. August 2016, Mittelwert der Lufttemperatur in °C anhand der CWS-Daten

4. Diskussion

Diese Untersuchung wurde in Berlin durchgeführt, da die Stadt nicht direkt von Gebirgen oder Meeren beeinflusst ist, welche zur Beeinträchtigung bei der Entstehung der städtischen Wärmeinsel und der Ausprägung der Heterogenität innerhalb der Temperaturen in der Stadt führen können (Meier et al. 2017). Demzufolge eignet sich Berlin sehr gut zur Beobachtung von klimatologischen Verhältnissen. Berlins vielfältige Stadtstrukturen beeinflussen die Lufttemperatur durch Versieglungsgrad und Bebauungsdichte, welche sich wärmefördernd auf das Stadtklima auswirken. Hinzu kommt, dass Berlin eine hohe Anzahl an Grünflächen aufweist, die eine Abkühlung der Luft begünstigen.

Für die Darstellung der Temperaturunterschiede während der Hitzewelle wurde der Monat August 2016 gewählt, da für August drei aufeinanderfolgende Tage > 30 °C nachgewiesen werden konnten. Mithilfe dieser Daten werden Ergebnisse erzielt, welche die Differenz des Temperaturunterschiedes zwischen Stadt (Alexanderplatz) und Umland (Kaniswall) quantifizieren (UHI-Intensität).

Ein wesentliches Problem ist es, ohne eine Qualitätsprüfung mit CWS-Daten zu arbeiten. Auftretende Softwareschwierigkeiten (z.B. fehlende Wi-Fi Verbindung) können durch die Nutzung von besseren Servern oder Internetanbietern gut behandelt werden. Die Messunsicherheiten, wie z.B. Bewegung der Station, verursacht von Anwendern ist schwierig zu handhaben. Die Lage der Station, das Kalibrieren und die direkte Solarstrahlung sind schwer nachvollziehbar und können nicht überprüft werden (Meier et al. 2017).
Die Verteilung der Netatmo Stationen im Raum Berlin ist nicht gleichmäßig (vgl. Abb. 1). In der Innenstadt gibt es Bereiche mit einer hohen Dichte an Messstationen. Zur Peripherie hin nimmt die Anzahl an Stationen pro Fläche ab. Die Verteilung ist so unregelmäßig, dass einige große Flächen frei von Messstationen sind. Dies könnte im Zusammenhang mit der Besiedlungsdichte stehen. Durch die Methode des „Inverse distance weighting“ werden Werte auf nicht beobachteten Punkten nah eines gemessenen Punktes zugewiesen. Für Parkanlagen, wo es keine Messstationen gibt, bedeutet das, dass Werte anhand der benachbarten Stationen geschätzt werden. Das kann zu Verfälschungen oder ungenauen Ergebnissen führen, welche durch ungenaue Kartendarstellungen wiedergegeben werden können.


Tabelle 4: Versiegelungsgrad der einzelnen Stadtbezirke (SENSTADT 2012)


Zu der Thematik der klimatischen Heterogenität in Städten veröffentlichte Chen et al. (2015) die Studie: „The Investigation of Urbanization and Urban Heat Island in Beijing Based on Remote Sensing“. Diese ähnelt sich in der angewandten Methodik dieser Untersuchung, da sie nicht nur die UHI, sondern darüberhinaus auch die Urbanisierung untersucht. Ihre Ergebnisse basieren auf Daten von Landsat (Satelliten) mit denen die Vegetationsbedeckung und Oberflächentemperatur erfasst wird. Mit einer regionalen Raster-Analyse wird unter anderem der Versiegelungsgrad pro Fläche bestimmt. Es wird nachgewiesen, dass Grünflächen kühler als urbane Flächen sind. Es ist allerdings zu beachten, dass die Studie über einen Zeitraum von 20 Jahre durchgeführt wurde, außerdem wurden die ausgewählten Flächen genauer und regelmäßiger betrachtet und mit Statistik-, Korrelations- und Regressionsmethoden untersucht.

5. Schlussfolgerung

Durch die Lokalisation von Hot und Cool Spots in Berlin ist die Heterogenität der städtischen Lufttemperaturen bestätigt. Die Rolle des Versiegelungsgrades wird deutlich, da eine Korrelation zwischen dem Vorkommen von Hot Spots mit der Höhe des Versiegelungsgrades besteht. Der Effekt der städtischen Wärmeinsel spiegelt sich in der Verteilung der Spots wieder - eine Zunahme der Hot Spots in Richtung des Stadtzentrums. Durch das Städtewachstum und die vermehrte Versiegelung ist mit einer Zunahme von Hot Spots zu rechnen, das bedeutet eine Erhöhung der Lufttemperatur in stark besiedelten Bereichen. Dies muss in der Stadtplanung berücksichtigt werden, da die Erhöhung der Lufttemperatur einen direkten Einfluss auf das Wohlbefinden des Menschen hat.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Darstellung Berlin (12 Bezirke) mit den Messstationen Alexanderplatz (T(U)) = Urbaner Standort, Kaniswall (T(R)) = Ruraler Standort, NETATMO-Stationsdichte (eigene Darstellung)

Abbildung 2: Tagesgang der Lufttemperatur °C vom 01.Juni - 30. September 2016 vom T(U) = Alexanderplatz mit Identifizierung der Hitzewelle durch Grenzlinie bei 30 °C

Abbildung 3: UHI-Intensität = T(U) – T(R) während der Hitzewelle vom 25. – 28. August 2016, Mittelwert pro Stunde der Lufttemperatur in °C

Abbildung 4: Darstellung Berlins (12 Bezirke) und Umland während der Hitzewelle nachts vom 25. - 28. August 2016, Mittelwert der Lufttemperatur in °C anhand der CWS-Daten

Abbildung 5: Verteilung der Hot und Cool Spots in Berlin und Umland

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Allgemeine Daten über die DWD Stationen (nach Umweltatlas 2017)
Tabelle 2: Hot-Spots innerhalb Berlin
Tabelle 3: Cool-Spots innerhalb Berlin
Tabelle 4: Versiegelungsgrad der einzelnen Stadtbezirke (SENSTADT 2012)

Formelverzeichnis

Formel 1: UHI-Intensität nach Oke 1973

Quellen

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